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Personalvertreter des ESZB (Europäisches System der Zentralbanken) sind besorgt über die Beschäftigungsbedingungen und -kultur der EZB – Einheitlicher Bankenaufsichtsmechanismus “SSM”
Eine gemeinsame Erklärung der drei europäischen Gewerkschaftsverbände - EPSU - UNI - SCECBU und IPSO, der einzigen Gewerkschaft in der EZB, zu auf die Belegschaft bezogenen Fragen rund um die einheitliche europäische Bankenaufsicht “SSM”.
Die Gewerkschaften, die MitarbeiterInnen des ESZB, des Eurosystems und der EZB vertreten, sind der Auffassung, dass eine angemessene Personalausstattung für das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) und insbesondere für die EZB unabdingbar ist, um eine sichere, dauerhafte und erfolgreiche Erledigung der Aufgaben zu gewährleisten und dabei die Unabhängigkeit und den guten Ruf zu wahren. Wir sind über die Personalpolitik sowohl des Eurosystems als auch der EZB besorgt. Indem wir diese Sorgen öffentlich machen, beabsichtigen wir dazu beizutragen, dass eine gesunde Grundlage für eine weiterhin robuste Geldpolitik geschaffen und ein gesünderes Finanzsystem in Europa erhalten wird.
Wir fordern die EZB auf, ihre Praxis aufzugeben, MitarbeiterInnen auf der Grundlage von Verträgen einzustellen, die auf 3 Jahre befristet sind und deren Umwandlung in unbefristete Verträge ausschließlich auf einer einseitigen Ermessensentscheidung der Vorgesetzten beruht. Wir fordern des weiteren die EZB auf, die überzogene Nutzung “alternativer” Beschäftigungsformen wie Leiharbeit, Berater- und Kurzfristverträge zu beenden. Wir sind fest davon überzeugt, dass MitarbeiterInnen, die um ihre Beschäftigung bangen müssen, nicht unabhängig handeln können. Bankenaufsicht ist eine hochsensitive Aufgabe, die vertrauliche Informationen mit sich bringt. Eine wahrhaft unabhängige Aufsicht führende Belegschaft mit Weitblick und langfristigen Zielen ist das, was die Europäische Union braucht.
Wir rufen den Rat der EZB dazu auf, für eine ausreichende Personalausstattung der EZB und der nationalen Zentralbanken (“NZB”) und nationalen Bankaufsichtsbehörden („NBA“) zu sorgen. Die auf die EZB und die NZB/NBA übertragenen Aufgaben können nur durchgeführt werden, wenn die notwendige Personalausstattung sowohl der Anzahl als auch der erforderlichen Expertise und Erfahrung nach zur Verfügung steht und angemessen verteilt ist. BelegschaftsvertreterInnen müssen in diese strategischen Planungsprozesse einbezogen werden. Dies ist bisher nicht der Fall.
Des weiteren sind wir, als MitarbeiterInnen der Zentralbanken, über die Auswirkungen besorgt, die der neue Mechanismus haben könnte. Alle Zentralbanken haben ihre eigene Unabhängigkeit, ihre Aufgaben und das Netzwerk ihrer Zweigstellen zu wahren und zu stärken. Das für das Eurosystem aufgestellte Prinzip der dezentralen Aufgabenerledigung sollte nicht vergessen werden.
Die Satzung des ESZB und der EZB ermächtigen den Rat der EZB, die Beschäftigungsbedingungen des Personals der EZB in voller Unabhängigkeit und Autonomie festzulegen und abzuändern. Diese Regelung gilt nicht nur für das Individualarbeitsrecht, sondern auch für das kollektive Arbeitsrecht und Tarifverhandlungen, die Fragen der Sozialversicherung, die Regeln über freie Meinungsäußerung der Belegschaft, die Wahl der persönlichen Finanzanlagen der Belegschaft und so weiter. Um ihrem Unternehmensideal der Stärkung der Transparenz gerecht zu werden, sollte die EZB alle Elemente ihres eigenen Gesetzgebungsverfahrens im Arbeitsrecht der europäischen Öffentlichkeit zugänglich machen.
Die Arbeitsbelastung in der EZB ist dauerhaft hoch. Dennoch hat der Rat der EZB sich trotz laufend steigendem Arbeitsdruck aufgrund sich mehrender Aufgaben und Verantwortlichkeiten wiederholt geweigert, den Personalbestand der EZB nennenswert zu erhöhen. Für den einheitlichen Aufsichtsmechanismus bleibt die Angemessenheit der Personalausstattung abzuwarten. Wir fordern das Direktorium der EZB und die Gouverneure der NZBen als Mitglieder des Rates der EZB auf, diese unhaltbare Situation anzuerkennen, die das gesamte Aufsichtsprojekt gefährden könnte. Es bestehen Interessenkonflikte zwischen den nationalen Zentralbanken und der EZB. Die nationalen Zentralbanken sind die Eigentümer der EZB und zu gleicher Zeit ihre Wettbewerber in der Ausübung der Aufgaben. Des weiteren nehmen sie an der Unternehmensführung der EZB mit der Perspektive des Eurosystems teil. Wir fordern eine größere Transparenz und die Verabschiedung eines Prozesses, der diese Interessenkonflikte offen behandelt und der das Europäische Parlament und BelegschaftsvertreterInnen einbezieht.
Die Gewerkschaften sind besorgt, dass sich eine hohe Verdichtung bankaufsichtlicher Aufgaben in der EZB ergeben könnte, ohne dass es dort ausreichende Ressourcen gibt. Wir sehen Risiken im Übergehen und Brachliegenlassen der in den nationalen Zentralbanken und nationalen Aufsichtsbehörden gesammelten Fähigkeiten, und wir sehen eine Schwächung des Gesamtsystems auf europäischer Ebene, wenn öffentliche Aufgaben auf private Firmen übertragen werden.
Contacts:
EPSU, Wolfgang Hermann, Tel. +49‐1736658382, e‐mail hermann@ipso.de
IPSO, Emmanuel Larue, Tel. +49‐69‐1344‐7036, e‐mail: emmanuel.larue@ecb.int
SCECBU, Thierry Desanois, Tel. +33‐615023169, e‐mail: thierrydesanois@gmail.com
UNI‐Europa Finance, Oliver Roethig, Tel. +32‐479072224: e‐mail: Oliver.Roethig@uniglobalunion.org