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Schweiz: Postmarktliberalisierung: economiesuisse auf dem Holzweg
Medienmitteilung
Postmarktliberalisierung:
economiesuisse auf dem Holzweg
Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse stellt sich hinter die Pläne des Bundesrates, den Postmarkt rasch und vollständig zu liberalisieren. Er predigt das alte Märchen der sinkenden Preise und steigenden Qualität in freien Märkten. Dass diese Ideologie falsch ist und im Gegenteil viele Risiken birgt, zeigen Erfahrungen in der Europäischen Union.
In einer Medienmitteilung hat sich heute der Wirtschaftsdachverband economiesuisse hinter die Pläne des Bundesrates gestellt, den Postmarkt in einem raschen Tempo zu liberalisieren. economiesuisse behauptet, mehr Wettbewerb führe zu mehr Wahlfreiheit, einer höheren Qualität und tieferen Preisen. Im Mai ist in Grossbritannien im Auftrag der Regierung eine Studie veröffentlicht worden, die genau das Gegenteil beweist: schlechtere Dienstleistungen, keine Innovationen, höhere Preise für KMU und Privatkunden seien die Folge des vor zwei Jahren liberalisierten Postmarktes. Zudem ist durch den Konkurrenzdruck der traditionelle Anbieter, Royal Mail, finanziell in Schieflage geraten, was den Universaldienst gefährdet. Die Bevölkerung spürt den Leistungsabbau bereits heute: Die Sonntagsabholungen sind eingestellt und die täglichen Zustellungen erfolgen später als früher.
Die grössten Verlierer sind aber die Angestellten der Postbranche. Durch die Aufteilung der Marktanteile baut der traditionelle Anbieter Stellen ab; in Schweden zum Beispiel rund 25 %. Die Arbeitsbedingungen bei den neuen Anbietern sind deutlich schlechter als diejenigen bei den traditionellen Anbietern. In Deutschland war das Lohndumping so gravierend, dass die Bundesregierung um den Jahreswechsel eingreifen musste und einen Mindestlohn in der Postbranche eingeführt hat. Auch in der Schweiz sind die Arbeitsbedingungen bei den privaten Anbietern deutlich schlechter als bei der Schweizerischen Post. Es ist zu befürchten, dass wie in Deutschland auch in der Schweiz der Staat über die Fürsorge den Wettbewerb im Postmarkt finanziert.
Laut economiesuisse sei auch im liberalisierten Postmarkt die Zustellung von Briefen und Paketen garantiert. Doch economiesuisse bleibt die Antwort schuldig, in welcher Häufigkeit die Zustellung erfolgt und zu welcher Tageszeit. Die Schweizerische Post hat seit 150 Jahren den Beweis erbracht, dass sie die Schweizer Bevölkerung und Wirtschaft mit hervorragenden postalischen Dienstleistungen versorgt. Sollte die Postmarktliberalisierung nach den Vorstellungen von economiesuisse erfolgen, wird die Schweizerische Post unnötig gefährdet und mit ihr die Grundversorgung, besonders in den Randregionen. Die Gewerkschaft Kommunikation lehnt im Interesse der Bevölkerung und der Wirtschaft die weitere Postmarktliberalisierung entschieden ab.
Bern, 12. Juni 2008
Weitere Auskünfte:
- Franz Schori, Kommunikationsabteilung, 079 544 32 26