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DHL wegen eskalierender Rechtsverletzungen unter Beschuss
Bereits mehrmals wurde der Logistikriese vergeblich dazu aufgefordert, Stellung zu einer immer länger werdenden Liste von Verletzungen der Arbeitnehmerrechte, darunter ungerechtfertigte Entlassungen und Unterstützung von Scheingewerkschaften, in seinem weltweiten Unternehmensnetz zu beziehen. Auf Aktionäre und Kunden könnte das Verhalten des Konzerns ziemlich befremdlich wirken.
Die UNI Global Union und die ITF (Internationale Transportarbeiterföderation), die insgesamt 20 Millionen Gewerkschaftsmitglieder vertreten, werden bei den Anschuldigungen gegen das Unternehmen sowohl in der JHV als auch vor dem Gebäude federführend sein.
Die beiden Organisationen haben das Unternehmen wiederholt für Verletzungen von Arbeitnehmerrechten in Ländern, in denen es tätig ist, zur Rechenschaft gezogen - Rechtsverletzungen, die das Unternehmen in Deutschland niemals wagen würde zu begehen, so die Gewerkschaftsorganisationen. Sie haben aufgezeigt, dass das Unternehmen in der Türkei Beschäftigte rechtswidrig entlassen und Beschäftigte in Kolumbien, Panama und Südafrika Lügendetektortests unterzogen hat, dass es im Vereinigten Königreich, in Malaysia, Indonesien und Indien Leiharbeitskräfte einsetzt, die niedrigere Löhne erhalten und keinerlei Arbeitsplatzsicherheit haben. Ein DHL-Unternehmen wurde sogar einmal mit einer Strafe belegt, da es in US-Betrieben Studenten beschäftigte, die sich auf einem kulturellen Austausch wähnten.
Diese Punkte werden im Rahmen einer Pressekonferenz angesprochen werden, die
morgen, am 29. Mai von 8.30 bis 9.30 Uhr im Bigfood Höchst Café in der Silostraße 91, 65929 Frankfurt Höchst, abgehalten wird. Das Café befindet sich gegenüber der Jahrhunderthalle (www.jahrhunderthalle.de), in der die JHV stattfindet. Zu den Redner/-innen gehören: die ungerechtfertigterweise entlassene Beschäftigte von DHL Türkei Aysel Simsek; Tiny Hobbs, ver.di Kreisvorsitzender für Bereich 10 (Postdienstleistungen); Ingo Marowsky, globaler ITF-Koordinierungsbeauftragter – Lieferketten und Logistik; Alan Tate, Kampagnendirektor der UNI und Gurel Yilmaz, Generalsekretär der Gewerkschaft Tumtis. Informieren Sie bitte dawson_sam@itf.org.uk per E-Mail darüber, ob Sie an der Pressekonferenz teilnehmen werden.
Ingo Marowsky, ITF, globaler Koordinierungsbeauftragter – Lieferketten und Logistik, erläuterte: „Die Fragen zu DHL häufen sich und diese JHV ist nur einer der Orte, an denen diese Fragen gestellt werden, Fragen, wie zum Beispiel was in der Türkei vor sich geht. Wieso der Geschäftsleitung dort erlaubt wird, Beschäftigte, die sich entschlossen haben, einer Gewerkschaft beizutreten, zu entlassen? Wie akzeptiert werden kann, dass die Gewerkschaft dort nicht anerkannt und dagegen eine rivalisierende Gewerkschaft unterstützt wird, der lediglich DHL-Beschäftigte angehören, die Berichten zufolge von Vorgesetzten gezwungen wurden, dieser Gewerkschaft beizutreten? Und es gibt noch mehr Fragen, auf die Aktionäre, Investoren und Kunden ebenfalls gerne eine Antwort hätten, nämlich im Hinblick darauf, wie das alles mit DHLs Politik der sozialen Unternehmensverantwortung und der angeblichen Einhaltung des UN Global Compacts vereinbar ist. Und warum das Unternehmen in der Türkei vor Gericht steht und vor die OECD zitiert wurde.“
Abschließend meinte er: „Die Fakten sprechen für sich. Im Gegensatz zu DHL haben wir die Vorkommnisse genau recherchiert. Wir gaben eine unabhängige Forschungsarbeit in Auftrag und haben sie verbreitet und veröffentlicht. Leider versteckt sich das Unternehmen auch weiterhin hinter dem Argument der Wahrung des Geschäftsgeheimnisses und es hat nie irgendwelche ‘Audits’ offengelegt und findet, dass es nicht zweckmäßig sei, weitere Kommentare zu den Gerichtsverfahren abzugeben.”
Dazu Alan Tate, UNI-Kampagnendirektor: „DHLs Vorgehensweise in der Türkei ist nach türkischem Arbeitsrecht rechtswidrig und verstößt vereinzelt womöglich sogar gegen das Strafgesetzbuch. Zudem verstößt es im Hinblick auf Vereinigungsfreiheit gegen Übereinkommen der IAO (Internationale Arbeitsorganisation) und andere internationale Standards.“
Er fügte hinzu: „Dass sich das Unternehmen mit dem Hinweis auf eine existierende ‘gelbe’ (Schein-)Gewerkschaft zu verteidigen versucht, ist schlichtweg lächerlich. Laut den im Januar 2013 - als DHL diese Gewerkschaft als mögliche Wahl für die Beschäftigten anführte - vom türkischen Arbeitsministerium veröffentlichten Statistiken zählte diese angebliche ‘Gewerkschaft’ gerade einmal 26 Mitglieder im ganzen Land. Die Bildung dieser Gewerkschaft ist lediglich ein raffinierter Schachzug. Der IGB (Internationaler Gewerkschaftsbund) äußerte diesbezüglich Bedenken.“
Fragen zu DP-DHLs Verhalten in einigen der Länder, in denen das Unternehmen tätig ist, werden sowohl in der JHV als auch vor dem Veranstaltungsgebäude aufgeworfen werden, wo Demonstranten von der Gewerkschaft ver.di und Gruppen der türkischen Gemeinschaft ebenfalls auf diese Problematik aufmerksam machen werden. Unter den Demonstranten werden sich auch Aysel Simsek, eine der ungerechtfertigterweise entlassenen türkischen Arbeitnehmer/innen, sowie ihre Tochter Ipek befinden. Sie wird folgendes Flugblatt verteilen:
Eine Bitte an DHL-Aktionäre
Mein Name ist Aysel Simsek und das ist meine Tochter Ipek. Ich war vier Jahre bei DHL im Kirac-Betrieb in der Türkei beschäftigt und für Verpackung und Preisauszeichnung zuständig. Ich liebte meinen Job und war stolz darauf, aber am 4. Februar 2013 wurde ich entlassen. Ich glaube, der Grund war, dass ich mich für das grundlegende Menschenrecht auf Gewerkschaftszugehörigkeit eingesetzt habe.
Seit April 2011 wurden 35 weitere Mitglieder unserer Gewerkschaft Tumtis auf ähnliche Weise entlassen. Alle 35 hatten eines gemeinsam, nämlich dass sie versuchten, die Gewerkschaft ihrer Wahl am Arbeitsplatz zu gründen. Wir beteiligen uns seit über 300 Tagen an friedlichen Streikposten.
Genau wie Sie möchten wir DHL in der Türkei und weltweit auf ethische Weise wachsen und prosperieren sehen, weshalb wir Sie als Aktionär bitten, Frank Appel zu fragen, warum DHL versucht, die rechtmäßige Gewerkschaft in der Türkei zu zerschlagen und 36 Beschäftigte, die versucht haben, eine Gewerkschaft zu bilden, entlassen hat.
Allerdings ist die Türkei nicht das einzige Land, in dem DHLs Verpflichtung zur Gewährung von Vereinigungsfreiheit und Arbeitnehmerrechten zu wünschen übrig lässt...
Wussten Sie, dass...
- in der Türkei alle Entlassungen, die vor Gericht gebracht wurden, für rechtswidrig befunden wurden und es in vier Fällen ausdrücklich hieß, dass die Arbeitnehmer/innen rechtswidrig aufgrund ihrer Gewerkschaftstätigkeit entlassen wurden?
- DHL bei Beschäftigten in Kolumbien, Panama und Südafrika Lügendetektoren einsetzt?
- DHL im Vereinigten Königreich, Malaysia, Indonesien und Indien auf Leiharbeitskräfte zurückgreift, die für niedrigere Löhne und ohne Arbeitsplatzsicherheit arbeiten?
- ein DHL-Unternehmen sogar einmal mit einer Strafe belegt wurde, da es in US-Betrieben Studenten beschäftigte, die sich auf einem kulturellen Austausch wähnten?
- Wir alle möchten, dass DHL überall auf der Welt Bestleistung bringt, aber wenn das Unternehmen weiterhin das grundlegende Recht auf Bildung einer Gewerkschaft verweigert, dann muss das Unternehmen mit Maßnahmen rechnen, die es in den Augen der Kunden und der Öffentlichkeit weniger gut dastehen lassen. Bisher führten die Maßnahmen zu Folgendem:
- Im November 2012 wurde Beschwerde bei der deutschen Regierung (Wirtschaftsministerium) eingereicht, in der Deutsche Post DHL vorgeworfen wird, internationale Standards für multinationale Unternehmen zu verletzen (OECD, siehe DHL CSR-Bericht Seite 34).
- Deutsche Post DHL wurde aufgrund der Anschuldigungen, dass es in vielen Ländern auch weiterhin Arbeitnehmerrechte verletze, von einer Reihe von Anlageberatern herabgestuft.
- Mehrere DHL-Kunden äußern Bedenken wegen DHLs Verhalten in Bezug auf Gewerkschaftsrechte in Ländern wie der Türkei und Kolumbien.
- Deutsche Post DHLs Ruf als ethisches und verantwortliches Unternehmen wird noch mehr angeschlagen, als sein gewerkschaftsfeindliches Verhalten in der Türkei und auf der ganzen Welt in einer bekannten deutschen Fernsehsendung bloßgestellt wird.
ITF und UNI haben in Zusammenarbeit mit dem ILRF (International Labor Rights Forum) und SumOfUs einige große DHL-Kunden auf diese Punkte aufmerksam gemacht, darunter: Adidas, Ann Taylor Stores Corp, Apple, Arcadia Group, Astra Zeneca, C&A, Fast Retailing, H & M, Hugo Boss, Ikea, Johnson and Johnson, Marks and Spencer, Merck Sharp Dohme und Tom Tailor. Diese und weitere Unternehmen haben DHL unmittelbar auf diese Punkte angesprochen.
Weitere Informationen unter www.respectatdhl.org und www.itfglobal.org/campaigns/respectatDHLturkey.cfm
ENDE
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
ITF (London, England). Sam Dawson, ITF-Leiter Presse und Redaktion. Tel.: +44 (0)20 7940 9260. E-Mail: dawson_sam@itf.org.uk
UNI (Nyon, Schweiz). Richard Elliott, Direktor Kommunikation, UNI Global Union. Tel.: +41 22 365 21 30. E-Mail: Richard.Elliott@uniglobalunion.org
Ver.di (Frankfurt, Deutschland). Ute Fritzel, Leiterin der Pressestelle der ver.di. Tel.: + 49 69 2569 1110. Mobil: +49 (0)170 814 25 32. E-Mail: ute.fritzel@verdi.de