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Überkapazitäten sind keine Naturgewalt
Um nicht in einen Wettlauf um schlechteste Arbeitsbedingungen und niedrigste Löhne getrieben zu werden, wollen sich die rund
80 Arbeitnehmer- und Gewerkschaftsvertreter aus 14 Ländern auf der zweiten europäischen Tiefdruckkonferenz im italienischen Verona auf grenzüberschreitende Mindeststandards einigen.
Keine Frage: Die Krise ist tief. In der grafischen Industrie sei der Konjunktureinbruch besonders spürbar, betonte Simon Dubbins, Präsident des europäischen gewerkschaftlichen Dachverbandes Uni europa graphical, unter dessen Federführung die Konferenz stattfindet. Doch nicht alle Unternehmen treffen die derzeitigen wirtschaftlichen Probleme gleichermaßen, aber viele nutzen die Gelegenheit, um Arbeitsbedingungen zu verschlechtern, wie auf der Konferenz deutlich wurde. Der englische Arbeitgeberverband British Printing Industry Federation bietet beispielsweise eine Lohnerhöhung von lediglich 0,65 Prozent an und lehnt weitere Verhandlungen ab. In Deutschland sind bereits einige Tiefdruckbetriebe von Kurzarbeit betroffen oder stehen kurz davor.
Dies passiert vor dem Hintergrund von Problemen, die Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter im Rollenoffset- und Tiefdruckbereich schon lange zu schaffen machen: Beschäftigte werden entlassen, Werke dichtgemacht und Einkommen gekürzt.
Die Ursache dafür sieht John Caris, Vorstandsvorsitzender von Roto Smeets de Boer, in den Überkapazitäten. Allein in den vergangenen Jahren wurden in Europa zusätzlich 28 Tiefdruckmaschinen aufgestellt. Als Verursacher sieht Caris nicht die Arbeitgeber, sondern die Maschinenhersteller, die neue und bessere Maschinen auf den Markt brächten. Eine Konsolidierung sei nur über die Schließung weiterer Werke zu erreichen. Caris plädierte für einen Sozialdialog auf europäischer Ebene und forderte die Konferenz auf, gemeinsam nach sozialverträglichen Lösungen auf betrieblicher Ebene zu suchen.
Caris Ausführungen blieben nicht unwidersprochen. Überkapazitäten seien keineswegs Folge einer Naturgewalt, erklärte Andreas Fröhlich von ver.di. Sozialverträgliche Lösungen scheiterten daran, dass Arbeitgeber für ihre Versäumnisse einseitig Opfer von Beschäftigten verlangten.