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Öffentl. Anhörung im EP: Ernsthafte Bedenken bei Postliberalisierung
Die konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL) im Europäischen Parlament organisierte gemeinsam mit UNI europa eine öffentliche Anhörung im Europäischen Parlament (EP) zu den sozialen Folgen der Liberalisierung des Postmarktes. Mehr als 70 Personen folgten der Einladung und trafen sich im EP. Joe Higgins und Dennis de Jong, beide Abgeordnete des EP der GUE/NGL Fraktion, zeigten in ihrer Einleitung sehr klar auf, welche die maßgeblich treibenden Käfte bei dieser Liberalisierung waren. 2007 war der Postmarkt 94 Milliarden Euro wert und große multinationale Unternehmen wollten ein Stück vom Kuchen. Diejenigen, die jetzt unter dieser Entwicklung am meisten leiden sind die Bevölkerung, KleinkundInnen, Kleinunternehmen und ArbeitnehmerInnen.
Neil Anderson, Leiter des Sektors Post&Logistik in UNI, bedankte sich bei den Abgeordneten, die es möglich machten, dass ArbeitnehmerInnenvertreterInnen zum ersten Mal die Möglichkeit bekommen, Gespräche im Europäischen Parlament über die sozialen Folgen der Postmarktliberaisierung zu führen und von den Abgeordneten angehört werden. Er betonte, dass die Europäische Kommission bis heute keine Untersuchungen über die sozialen Konsequenzen veröffentlicht hat und es daher auch keine öffentlichen Zahlen und Daten gäbe. Er sagte weiter, DG Market habe unterschiedlichste Aussagen zum Umgang mit der Universaldienstleistungsverpflichtung gemacht. Die meisten präsentierten Vorschläge von DG Market, wie beispielsweise eine unterschiedliche Preisfestsetzung oder staatliche Subventionen zur Finanzierung der Universaldienstleistungen waren inakzeptabel. Dies werde die Qualität der Universalpostdienste nicht erhalten. Es bleiben nur noch 9 Monate bis der Markt vollständig geöffnet sein wird und zahlreiche nationale Regierungen haben es bisher nicht ausreichend geschafft ihre Gesetzgebung und Regulierung darauf vorzubereiten um die sozialen Bedingungen im Sektor zu schützen. Neil Anderson hob hervor: „Unsere Erfahrungen zeigen ganz klar, Liberalisierung bedeutet Sozialdumping! Wir brauchen mehr Zeit um uns auf diese neue Situation im Sektor vorzubereiten. Daher fordert UNI Post&Logistik ein Moratorium um die Frist der vollständigen Liberalisierung zu verschieben, bis die offenen Punkte geklärt sind.“
Während der Anhörung wurden Berichte von 15 verschiedenen Ländern in Europa präsentiert. Sie alle belegten sehr klar die Befürchtungen und Warnungen von Seiten der Gewerkschaften. In allen Ländern findet Stellenabbau im Sektor statt. Die Arbeitsbedingungen sowie auch die Qualität der Dienstleistungen verschlechtern sich. Nur einige wenige Länder fanden Lösungen um die Arbeitsbedingungen und Gehälter im Sektor zu schützen und die neuen MarktteilnehmerInnen einzubinden. In ganz Europa bezahlen die neuen MarktteilnehmerInnen um durchschnittlich 25% weniger Lohn und beschäftigten überwiegend auf Basis von zeitlich begrenzten Verträgen, Teilzeitbeschäftigung oder lagern schlichtweg einen Teil der Arbeit komplett aus. Die Finanzkrise hat nun zusätzliche Besorgnis hinsichtlich Ziel und Zweck dieser Entwicklung aufgebracht, was die Notwendigkeit einer seriösen Überprüfung verstärkt. Die ArbeitnehmerInnenvertreterInnen waren sich darin einig, dass ein Moratorium ein angemessenes Mittel sei um den Sektor vorzubereiten und zu schützen. Alle Gewerkschaften betonten die Notwendigkeit der Kooperation mit dem Parlament, wenn es darum geht, die Kommission zu beeinflussen und darauf einzufordern, dass diese in Studien zu den sozialen Konsequenzen der Postmarktliberalisierung investiert. Es ist auch die Aufgabe der Europäischen Kommission angemessene Lösungen zu erarbeiten, die sie dann den Mitgliedsstaaten präsentieren um die Interessen der Menschen zu schützen.
Sabine Wils, Abgeordente zum Europäischen Parlament der Fraktion GUE/NGL fasste die Debatte zusammen und dankte den TeilnehmerInnen für die Informationen und Erfahrungen, die sie im Rahmen dieser Anhörung dem Europäischen Parlament weitergaben. Sie betonte, es sei klar ersichtlich, dass die Postliberalisierung wirklich Sozialdumping und Rosinenpicken im Sektor bedeute. ArbeitnehmerInnen und die Bevölkerung leidet am meisten durch diese Entwicklung. Es ist die Aufgabe von Europäischem Parlament und Europäischer Kommission sicherzustellen, dass die Interessen aller betroffenen Gruppen berücksichtigt werden. Die Abgeordneten müssen die Forderungen der Bevölkerung und der Beschäftigten unterstützen und von der Kommission Aktionen zur Sicherstellung einer gerechten und sozial verträglichen Politik auf europäischer Ebene verlangen. Die Fraktion GUE/NGL will die Zusammenarbeit und die Kommunikation mit den Gewerkschaften verbessern um deren Forderungen besser zu unterstützen.