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Ein Jahr danach: Maßnahmen zur Verhinderung der nächsten potentiellen Rana-Plaza-Tragödie
24. April 2014 - Ein Jahr nach der Rana-Plaza-Tragödie macht das Abkommen über Brand- und Gebäudeschutz in Bangladesch, das von UNI Global Union und IndustriALL Global Union ausgehandelt wurde, weiterhin große Fortschritte. Mehr als 160 globale Markenhersteller haben sich auf das Abkommen verpflichtet ‒ ein Programm mit einer Reichweite, Unabhängigkeit, Konsequenz und Transparenz, wie es sie nie zuvor so gegeben hat. Mittlerweile fallen 1.600 Fabriken mit 2 Mio. Beschäftigten unter das Abkommen.
Das Inspektionsprogramm läuft auf Hochtouren. Ein starkes Team aus mehr als 100 technischen Sachverständigen und Ingenieuren in Bangladesch führt aktuell 45 Inspektionen pro Woche durch, wobei das Ziel darin besteht, bis Oktober 1.500 Fabriken inspiziert zu haben. Mehr als 280 Fabriken wurden bereits auf Brandschutz- und Elektroprobleme und 240 auf bauliche Sicherheit inspiziert. Bei jeder Inspektion haben sich kritische Punkte ergeben, die als Vorbedingung für zukünftiges Geschäft mit den Unterzeichnermarken behoben werden müssen. Diese Probleme umfassen etwa fehlende Brandschutztüren als Trennung zwischen Arbeitsbereich und Notausgang. Die Markenhersteller müssen sicherstellen, dass ausreichende finanzielle Mittel für die Renovierungen und Ausbesserungen zur Verfügung stehen.
In manchen Fällen stellten die Ingenieure fest, dass ein Gebäude unmittelbar einsturzgefährdet ist, was die vorübergehende Einstellung des Betriebs und die Evakuierung der Beschäftigten erfordert, während die beteiligten Parteien eine Lösung erarbeiten. Unter das Abkommen fallende Fabriken müssen dann die Beschäftigten bis zu sechs Monate lang weiterbezahlen, während die Reparaturen laufen. Derzeit erhalten alle Arbeitnehmer/innen aus Fabriken, die vorübergehend geschlossen werden mussten, entsprechende Zahlungen.
Philip Jennings, der Generalsekretär von UNI Global Union, meint: „Diese Produktionsunterbrechungen sind natürlich bedauerlich, aber wenn man kein nächstes Rana Plaza erleben will, gibt es keine andere Wahl. Wir haben die beängstigende Aufgabe übernommen, die Versäumnisse aus dreißig Jahren in nur fünf Jahren zu beheben.‟
Jennings fügt hinzu: „Zum ersten Jahrestag der Rana-Plaza-Tragödie vom 24. April 2013 in Bangladesch sollten wir einen Moment innehalten und dieses schrecklichen Tags gedenken, an dem mehr als 1.100 Beschäftigte in der Textilindustrie ihr Leben verloren – bei der Arbeit an Kleidung, die im Westen für eine Selbstverständlichkeit angesehen wird. Die Geschehnisse von Rana Plaza zogen das Scheinwerferlicht auf die düsteren Winkel der dortigen Textilindustrie, wo überwiegend junge Frauen unter manchmal lebensgefährlichen Bedingungen für einen Hungerlohn arbeiten. UNI und IndustriALL fordern alle Akteure und Interessengruppen entlang der Lieferkette auf, sich zu Veränderungen zu verpflichten und Leben zu retten.‟
Das Abkommen ist eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen Markenherstellern und globalen Branchengewerkschaften, wie es sie zuvor in der Geschichte noch nicht gab und deren Ziel es ist, die Textilindustrie in Bangladesch binnen fünf Jahren sicher und nachhaltig zu gestalten. Es entstand als Konsequenz aus mehr als 1.800 vermeidbaren Todesfällen durch Brände und Fabrikeinstürze über die letzten sieben Jahre. Die Geschehnisse von Rana Plaza bildeten den tragischen Wendepunkt.
Ein Jahr nach Rana Plaza jedoch ist das Ziel von US$ 40 Mio. zur Bezahlung von fairen Entschädigungen an die Opfer durch die multinationalen Markenbekleidungshersteller noch nicht erfüllt. Die Beiträge von Markenherstellern zum Rana-Plaza-Spendenfonds sind nach wie vor vollkommen unzulänglich. Nur ca.US$ 15 Mio. wurden bislang in den Fonds eingezahlt, der eingerichtet wurde, um den Opfern und ihren Familien Entschädigungen im Einklang mit den Richtlinien der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zukommen zu lassen.
Jyrki Raina, der Generalsekretär von IndustriALL Global Union sagt: „Wir fordern von allen Markenherstellern, die in Bangladesch tätig waren und sind, dass sie mit maßgeblichen Summen zum Fonds beitragen. Sie tragen eine kollektive Verantwortung für dieses zutiefst unnachhaltige Produktionsmodell und seine Gefahren.‟
Ineke Zeldenrust von der Clean Clothes Campaign fügt hinzu: „Das Abkommen ist ein wichtiger Schritt zur Vermeidung zukünftiger Katastrophen, aber wir sollten diejenigen nicht vergessen, für die es zu spät kommt. Zum ersten Jahrestag des Rana-Plaza-Einsturzes müssen alle Markenhersteller, die mit Arbeitskräften aus Bangladesch fertigen, ihrer Zahlungsverpflichtung nachkommen. Zu den Marken, die bislang keinerlei Beiträge in den Fonds geleistet haben, gehören Benetton, Matalan und Auchan, und bei anderen wie Kik, Walmart und Mango sind die aktuellen Beiträge deutlich zu niedrig. Sie müssen diese aufstocken, um sicherzustellen, dass all diejenigen, die zu Schaden kamen, die finanzielle Hilfe bekommen, die sie benötigen.‟
Kontaktperson für Informationen oder Interview-Termine: richard.elliott@uniglobalunion.org +41 79 794 9709
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