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Botschaft der Global Unions zum 1. Mai 2012
Vor über fünf Jahren setzte die Finanzkrise ein, kurz darauf gefolgt von einer noch größeren Wirtschaftskrise. Dieses wirtschaftliche Beben offenbarte uns die Gefahren der Finanzialisierung, der Unterordnung der real existierenden Wirtschaft unter den Finanzsektor und die Gefahren, die aus der Ungleichheit entstehen, die sich im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte immer stärker herausgebildet haben. Aufgrund der daraus resultierenden Krise wuchs das eh schon große Heer der Arbeitslosen um Millionen von Menschen und weitere Millionen wurden in prekärere Beschäftigungsverhältnisse gezwungen. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verloren ihre hochwertigen Arbeitsplätze und viel zu viele verloren auch die damit einhergehenden grundlegenden Rechte.
Die durch die Deregulierung auf einzelstaatlicher Ebene entstandenen globalen Finanzmärkte verursachten nicht nur die derzeitige Wirtschaftskrise, sondern auch die Instabilität, die für die wirtschaftliche Entwicklung der letzten 30 Jahre mit ihren periodisch auftretenden „Blasen“ und Krisen bezeichnend ist. Plötzlich war es viel lukrativer, Geld mit Geld als mit der Herstellung von Gütern und der Erbringung von Dienstleistungen zu verdienen.
In Reaktion auf die Krise, legten die Regierungen gemeinsam oder jede für sich eine nie zuvor dagewesene hektische Betriebsamkeit an den Tag, doch die Worte ihrer Stellungnahmen schlugen sich nicht in ihrem Handeln nieder. Es wurden genug schnelle und reale Maßnahmen ergriffen, durch die verhindert werden konnte, dass aus der weltweiten Rezession eine Weltwirtschaftskrise wie die der 30er Jahre wurde, aber der abrupte Übergang zu drastischen Sparmaßnahmen in vielen Ländern bringt die Weltwirtschaft nun wieder an den Rand einer erneuten Rezession. Zudem haben die Regierungen die Macht, die sie an die Märkte, die keinerlei politische Legitimation besitzen, und an deren Akteure abgetreten haben, noch nicht wieder zurückerlangt. Und da die eigentlichen Ursachen der Krise noch nicht behoben sind, wurden bisher auch nicht die nötigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass ein künftiges Eintreten solch katastrophaler Finanzmarktkrisen verhindert werden kann.
Der durch die Finanzmärkte und die Finanzakteure erzeugte Druck leistete zudem kurzfristigem Denken und Verhalten Vorschub, wodurch alle drei Säulen einer nachhaltigen Entwicklung - die wirtschaftliche, die soziale und die ökologische - untergraben wurden. Die Lage der arbeitenden Bevölkerung hat sich dadurch verschlechtert und ihre Probleme haben sich zugespitzt. Zudem sind ihre Rechte dem Angriff vieler Regierungen und sowohl nationaler als auch multinationaler Unternehmen ausgesetzt. Für Millionen von arbeitenden Frauen und Männern bedeutet Arbeit Ausbeutung und Vorenthaltung ihrer Grundrechte zu Hungerlöhnen und unter unzumutbaren Bedingungen. Aufgrund dieses Musters der Ausbeutung, das die Welt überzogen hat, sind immer mehr Menschen gezwungen, in unsicheren und informellen Beschäftigungsverhältnissen zu arbeiten, was zu immer mehr Ungleichheit führt.
Die öffentlichen Kassen wurden für eine Reihe von Rettungsmaßnahmen für Banken geleert, was wiederum die Kürzung staatlicher Programme zur Folge hat, wodurch die Schere immer weiter auseinandergeht und die Aussicht auf menschenwürdige Arbeitsplätze und nachhaltige Erholung in immer weitere Ferne rückt. Von ‘Erholung’ können lediglich die wenigen Verursacher der Krise reden, während ihre Opfer auch weiterhin ‘bestraft’ werden. Nur allzu viele Menschen sind empört über diese Ungerechtigkeit, aber da die mächtigen Eliten für sie unantastbar sind, richtet sich ihr Zorn gegen ihre Mitmenschen, einschließlich gegen Einwanderer, von denen viele gesunde Volkswirtschaften abhängen. Viele verlieren die Hoffnung auf politische Lösungen und ziehen sich in Apathie und Isolation zurück.
Wir, die Global Unions, bestärken unsere Solidarität durch die Zusammenarbeit mit unseren Gemeinschaften, um wirtschaftliche Ungerechtigkeit umzukehren und fortschrittliche soziale Visionen, die das Gemeinwohl schützen und fördern, voranzutreiben.
An diesem 1. Mai fordern Global Unions die Regierungen auf, ihrer Verantwortung nachzukommen und gemeinsam zu handeln, um die Krise zu beenden. Sie müssen menschenwürdige, nachhaltige Arbeitsplätze schaffen und sich für die Rechte der arbeitenden Bevölkerung einsetzen. Wir fordern:
· eine globale Regulierung der Finanzmärkte, um ihre dominante Rolle in der globalen Wirtschaft einzudämmen und sie wieder ihrer eigentlichen Aufgabe der Unterstützung produktiver Investitionen zuführen, um sozialen Anforderungen gerecht zu werden;
· eine breite Palette an dringenden Maßnahmen zugunsten von Arbeitsplätzen und Konjunkturerholung, einschließlich einer Schwerpunktlegung auf Jugendarbeitslosigkeit, zur Schaffung hochwertiger und sicherer Beschäftigung;
· Beschäftigungsmaßnahmen, einschließlich verbesserter beruflicher Aus- und Weiterbildung, die die langfristige Schaffung hochwertiger und nachhaltiger Arbeitsplätze gewährleisten werden, was ein zentrales Element im Kampf gegen Ungleichheit und Armut ist;
· konkrete Antworten auf die Klimawandelproblematik, die sich real und nachweisbar auf die Kohlendioxidemissionen auswirken, die grüne Arbeitsplätze schaffen und die soziale Nachhaltigkeit stärken;
· faire Besteuerung, die mehr Einnahmen von den oberen Einkommensklassen und Unternehmen generieren, Bekämpfung von Steuerflucht und -vermeidung, Schließung vorhandener Gesetzeslücken und Ausmerzung von Steueroasen;
· eine Finanztransaktionssteuer, durch die schnelle Finanztransaktionen unterbunden werden, durch die die Finanzmärkte stabiler und weniger riskant werden und gleichzeitig beträchtliche Einnahmen generiert werden;
· die uneingeschränkte Achtung der Gewerkschaftsrechte und die Förderung von Systemen der Kollektivverhandlung und des sozialen Dialogs, die zur Schaffung von Gerechtigkeit und Demokratie beitragen;
· umfassenden Sozialschutz, einschließlich über die Schaffung einer entsprechend finanzierten globalen sozialen Grundsicherung;
· Gewährleistung von Rechten auf so grundlegende Bedürfnisse, wie Nahrung, Wasser, Unterkunft, Gesundheit und Ausbildung;
· Ablehnung von Sparmaßnahmen und Aufrechterhalt der Verwaltungskapazitäten, so dass die Regierungen effizient arbeiten, gut funktionierende Dienstleistungen erbringen und zuverlässig und glaubwürdig sein können, einschließlich im Hinblick auf Maßnahmen zur Beeinflussung der Richtung, die die Wirtschaft nimmt.
· nachhaltige Investitionen in hochwertige öffentliche Dienste und insbesondere in hochwertige Bildungsdienste als wichtiges Mittel zur Bewältigung der Krise, aber auch als Mittel für den Aufbau demokratischer Gesellschaften, in denen die Menschen die Möglichkeit haben, ein gesundes, zufriedenstellendes und erfülltes Leben zu führen.