Preiskampf darf nicht zu längeren Arbeitszeiten führen
Die betrieblichen Interessenvertreter und Gewerkschafter waren sich einig, dass weitere Arbeitszeitverlängerungen verhindert und Arbeitszeiten verkürzt werden müssen, soll der Preiskampf zwischen den Druckunternehmen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Krise nicht zu weiteren Verschlechterungen für die Beschäftigten führen.
Derzeit befinden sich die Druckarbeitgeber in einem Dilemma. Die 25 Tiefdruckunternehmen in Europa, die im Wettbewerb stehen mit den Rollenoffsetbetrieben, konkurrierten um den gleichen Markt, der seit langem von Überkapazitäten gekennzeichnet ist, erklärte Frank Werneke, stellvertretender Bundesvorsitzender der deutschen Gewerkschaft ver.di vor den Konferenzteilnehmern. Seit mehr als zehn Jahren gibt es im Tiefdruck kaum ein Mengenwachstum an bedrucktem Papier. In der gleichen Zeit sei aber die Produktivität durch technische Rationalisierungen, Arbeitszeitverlängerungen und eine effektivere Arbeitsorganisation gestiegen. Die Folge seien Überkapazitäten und ein „massiver Preiskampf“, den Arbeitgeber dadurch für sich gewinnen wollten, indem sie Löhne senkten, Betriebsstätten auslagerten, um der Tarifbindung zu entgehen, und versuchten, die gleiche Produktion mit immer weniger Menschen zu erreichen. In der Hoffnung, dass einzelne Betriebe aufgeben und Insolvenz anmelden müssten. Das sei die Strategie - Werneke nannte sie die blutige Variante - die derzeit fast alle Tiefdruckunternehmen anwandten.
Stattdessen plädierte der stellvertretende ver.di-Bundesvorsitzende für den geordneten Abbau von Kapazitäten ohne Entlassungen und ohne „brutalen Preiskampf“. Voraussetzung dafür sei jedoch eine europäische Industriepolitik, die keine Steuermittel mehr in neue Industrieansiedlungen pumpt, sondern Unternehmen subventioniert, die einen sozialverträglichen Abbau anstreben.
Als weiteres Instrument, um den Konkurrenzkampf der Unternehmer auf Kosten der Beschäftigten zu beeinflussen, nannte Werneke eine gemeinsame Tarifpolitik in Europa, deren zentrales Ziel die Verkürzung der Arbeitszeit sein müsse. Trotz Überkapazitätenkrise und trotz teilweiser Unterauslastung drängten Arbeitgeber weiter auf längere, unbezahlte Arbeitszeiten, um sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Konkurrenten zu verschaffen. „Diesen Irrsinn gilt es zu brechen, das führt sonst in die Barberei.“
Siehe Deutschland. Dort forderten die Druck-Arbeitgeber statt der 35- die 40-Stunden-Woche. Ihre Absichten sind klar: Sie wollen Aufträge aus anderen Ländern Europas abziehen. Eine Arbeitszeitverlängerung von fünf Stunden würde bei den enormen Druckkapazitäten dazu führen, dass komplette Kapazitäten aus kleinen und mittleren Ländern verschwinden und nach Deutschland wandern würden. Werneke appellierte an die Unterstützung durch die Gewerkschaften und betrieblichen Interessenvertreter in ganz Europa, ver.di in diesem Kampf nicht allein zu lassen.