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Rana Plaza: Der Countdown zum zweiten Jahrestag läuft und im Entschädigungsfonds fehlen immer noch 9 Millionen $
Drei internationale Organisationen lancieren eine Countdown-Kampagne im Vorfeld des 2. Jahrestags
Die Marken werden aufgerufen, die Finanzierungslücke vor dem 24. April 2015 zu schließen.
Kurz bevor sich die Rana Plaza-Tragödie zum zweiten Mal jährt, lancieren die drei Organisationen, die die Entschädigungen für die Opfer dieser Tragödie aushandeln, gemeinsam eine 'Countdown-Kampagne', um Verbraucher, Regierungen und die Marken daran zu erinnern, dass nach fast zwei Jahren nach der schlimmsten Katastrophe in der Bekleidungsindustrie Tausenden von Opfern und Verletzten immer noch keine Gerechtigkeit widerfahren ist.
UNI Global Union, IndustriALL Global Union und die Kampagne für Saubere Kleidung – die Organisationen, die im Namen der Opfer die Verhandlungen führen – verstärken ihre Forderung an die Marken, die mit Rana Plaza im Zusammenhang stehen, die Finanzierungslücke von 8,5 Millionen USD im Treuhandfonds zu schließen, um den über 5'000 anspruchsberechtigten Personen eine vollständige, faire Entschädigung zu gewährleisten.
Bislang wurden mittels Beiträgen von Einkäufern, dem Fonds des Premierministers von Bangladesch und anderen privaten Spendern 21,5 Mio. USD in den Rana Plaza-Geber-Treuhandfonds eingezahlt. Alle Beiträge werden ausschließlich für Zahlungen an die Rana Plaza-Opfer und ihre Familien verwendet. Laut Berechnungen sind 30 Mio. USD zur Deckung der Schadenersatzansprüche erforderlich. Bisher haben die Anspruchsberechtigten aber nur 70% der ihnen zustehenden Beträge erhalten, und weitere Zahlungen werden verzögert, da viele Marken ihren Verpflichtungen zur Ergänzung der im Fonds fehlenden 8,5 Mio. $ nicht nachkommen.
Mehrere weltweit bekannte Marken, die alle Verbindungen zu Rana Plaza-Fabriken haben, weigerten sich bis anhin, angemessene Zahlungen in den Fonds zu leisten - unter ihnen Benetton - eine der prominentesten, die noch nicht den geringsten Beitrag in Fonds geleistet hat. Ferner werden Wal-Mart, Mango und The Children's Place herausgestellt, deren Spenden weit geringer sind als erwartet, und auch Unternehmen wie Lee Cooper, JC Penny, Matalan und Kik sind ihren Zahlungsverpflichtungen immer noch nicht nachgekommen.
Nachdem während mehreren Monaten keine nennenswerten Spenden in den Rana Plaza-Fonds geleistet wurden, gibt es nun doch Hoffnungszeichen. In den letzten Wochen wurden ein paar Beiträge in der Höhe von einer halben Millionen in den Fonds einbezahlt. Zahlungsversprechen von Benetton im Februar wurden jedoch bislang nicht honoriert, und Gerüchte, wonach die 'Bangladesh Alliance' eine wesentliche Spende plane, haben sich bisher nicht bewahrheitet.
Die drei Organisationen hoffen, dass der erneute Druck auf die Marken im Vorfeld des 2. Jahrestags zu Beiträgen führen wird, die erlauben, alle Betroffenen voll zu entschädigen.
IndustriALL Global Union-Generalsekretär Jyrki Raina erklärte: "Für die Branche geht es um ihr Image - es ist schockierend, dass Markenfirmen so lange zuwarten, bis sie das Richtige tun, um eines der beschämendsten Kapitel in der Geschichte der internationalen Bekleidungsindustrie zu schließen".
"Fast zwei Jahre sind seit der Rana Plaza-Tragödie vergangen und die Opfer und ihre Familien haben Anrecht auf Entschädigung und Möglichkeiten zum Wiederaufbau einer neuen Zukunft".
UNI Global Union-Generalsekretär Philip Jennings sagte: "Die Uhr tickt weiter und wir erwarten bis zum 24. April nichts anderes als großzügige, volle Entschädigungsleistungen von den Marken".
Die Markenhersteller des Bekleidungssektors bezeichnen sich stolz als Trendsetter, die in der schnelllebigen Modewelt rasch reagieren. In diesem Fall traten sie jedoch stark auf die Bremse".
"Die Gesamtheit dieser Zahlungen geht direkt an die Familien, die Angehörige verloren haben, oder an Opfer, die nicht mehr arbeiten können. Dies ist der richtige Weg".
Ineke Zeldenrust von der Kampagne für Saubere Kleider betont: "Für die Opfer von Rana Plaza gab es zu viele gebrochene Versprechungen und falsche Hoffnungen von Seiten der Markenfirmen. Sie erwarten nun eine rasche konkrete Regelung, um ihren Lebensalltag zu verbessern.
Es ist eine Schande, dass es uns nicht gelungen ist, nur gerade 30 Mio. $ von einer Gruppe von Markenfirmen zusammenzubringen, die jedes Jahr kollektiv mehrere Milliarden Dollar Gewinn erzielen, und diese Empörung teilen offensichtlich die Verbraucher hier in Europa: vor einigen Wochen haben mehr als eine Million innerhalb von wenigen Tagen eine Petition unterzeichnet, um Benetton an seine Verpflichtungen zu erinnern. Wenn Markenfirmen und Einzelhändler den Arbeitnehmern und den Verbrauchern zeigen wollen, dass sich die Branche seit Rana Plaza tatsächlich verändert hat, dann müssen sie dies beweisen, indem sie rasch und ohne weitere Verzögerung ihre Beiträge leisten. Der Countdown läuft bereits".
Zu den Markenherstellern, von denen Beiträge in den Fonds erwartet werden, gehören:
Benetton (Umsatz im Jahr 2013: 1.6 Mrd. EUR)
Am 24. Februar 2015 engagierte sich Benetton formell, vor dem 24. April 2015 eine Entschädigung zu leisten, die jedoch immer noch aussteht. Die italienische Markenfirma erklärte, sie haben eine 'unabhängige Drittpartei' beauftragt, sie in Bezug auf den Umfang der Zahlung zu beraten, will aber den Namen dieses Dritten nicht offenlegen. Die drei Organisationen stellen die weitere Zahlungsverzögerung durch Benetton in Frage.
The Children's Place (Umsatz im Jahr 2013: 1.8 Mrd. US$)
Die US-Bekleidungsfirma leistete ursprünglich einen Beitrag von schätzungsweise £450,000 über die Wohltätigkeitsorganisation BRAC US. Von der Firma mit einem Umsatz von 1.8 Mrd. US$ werden jedoch 8 Mio. $ verlangt. The Children’s Place ist Gegenstand einer wichtigen Kampagne in den USA und wurde in der Presse scharf kritisiert, nachdem sie anlässlich einer Protestaktion vor dem Hauptsitz der Firma die Festnahme eines Rana Plaza-Überlebenden anordnete.
Wal-Mart (Umsatz im Jahr 2014: 485.651 Mrd. US$ )
Wal-Mart, der größte und reichste Einzelhandelskonzern der Welt, hat schätzungsweise 1 Mio. USD über die Wohltätigkeitsorganisation BRAC US einbezahlt – eine angesichts der Größe des Unternehmens und des erforderlichen Gesamtbetrags sehr kleine Summe. Wal-Mart hat vorgeschlagen, weitere Beiträge zu leisten, die jedoch bis heute nicht eingetroffen sind.
Mango (Umsatz im Jahr 2013: 1.85 Mrd. EUR)
Das spanische Modehaus leistete einen sehr kleinen Beitrag im vergangenen Jahr, muss sich aber für eine volle Zahlung vor dem zweiten Jahrestag verpflichten.
UNI Global Union, IndustriALL und die Kampagne für Saubere Kleider sind der Meinung, dass alle Marken, die in Bangladesch Kleider herstellen lassen – nicht nur diejenigen mit Verbindungen zum Rana Plaza – Beiträge in den Entschädigungsfonds leisten sollten.
UNI Global Union und IndustriALL sind die zwei Global Unions, die nach der Tragödie des Rana Plaza das Abkommen über Brandschutz und Gebäudesicherheit in Bangladesch entwickelten und unterzeichneten. Die beiden Gewerkschaften und die Kampagne für Saubere Kleider sind Mitglieder des für das Abkommen gebildeten Lenkungsausschusses. Das Bangladesch-Abkommen wurde von rund 200 globalen Marken unterzeichnet, und etwa 1'500 Fabriken und 2 Millionen ArbeitnehmerInnen fallen in seinen Geltungsbereich.
ENDE