Vereinbarung der Sozialpartner im Friseurhandwerk – Stand der Dinge
Aktueller Stand
UNI Europa und Coiffure EU, die Sozialpartner im Friseurgewerbe, schlossen eine europäische Rahmenvereinbarung über den Schutz von Gesundheit und Sicherheit in der Friseurbranche ab. Sie forderten im Juli 2016 gemeinsam die Europäische Kommission auf, die Vereinbarung dem Rat vorzulegen, um sie rechtsverbindlich zu machen. Die neue, inhaltlich zum ursprünglichen Wortlaut der Vereinbarung von April 2012 unveränderte Fassung trägt den von der Kommission geäußerten Bedenken Rechnung. Dem Juristischen Dienst der Kommission zufolge ist die überarbeitete Vereinbarung jetzt mit den geltenden europäischen Rechtsvorschriften vereinbar.
Kommissionspräsident Juncker war Gast der außerordentlichen Sitzung des EGB-Exekutivausschusses vom 7. November 2016, um über das soziale Europa und die Zukunft Europas im Allgemeinen zu diskutieren. Auf Nachfrage des Regionalsekretärs erklärte J. C. Juncker, dass er die Vereinbarung über Sicherheit und Gesundheitsschutz im Friseurgewerbe ablehnt. Er beharrte darauf, dass Gesundheitsschutz und Sicherheit nur „Kleinigkeiten“ (small stuff) und unsere Arbeitsschutzkampagne „Propaganda“ sei. Er verunglimpfte die Vereinbarung als bloßes Stöckelschuhverbot, ein Slogan der britischen Boulevardpresse aus dem Jahr 2012, um gegen die EU und die Europäische Kommission Stimmung zu machen. Diese damals von der Londoner Geschäftsstelle der Kommission zurückgewiesene Behauptung wurde bedauerlicherweise von Präsident Barroso und jetzt von J. C. Juncker aufgegriffen, um die Vereinbarung als bürokratische Bürde zu brandmarken. Dies ist jedoch Ausdruck einer Geringschätzung, vor allem von Frauen, die den Großteil der Beschäftigten des Sektors stellen.
Die Kommission antwortete im September bereits ausweichend auf die gemeinsame Informationsanfrage der Sozialpartner bezüglich weiterer Modalitäten und des Zeitplans des Entscheidungsprozesses der Kommission. Unsere Sorge ist, dass die Kommission den Prozess weiter hinauszögert, der insgesamt schon mehr als 4 Jahre dauert.
UNI Europa, der EGB und Coiffure EU übermittelten der Kommission am 21. November 2016 einen gemeinsamen Brief. Sie forderten darin die Kommission auf, unverzüglich:
- die Vereinbarung dem Rat mit einer Empfehlung, sie zu verabschieden, vorzulegen;
- die Sozialpartner im Friseurgewerbe umfassend über den Entscheidungsprozess zu informieren, insbesondere in Bezug auf die verschiedenen Phasen des Folgenabschätzungsverfahrens und die Entscheidungskriterien der Kommission;
- sicherzustellen, dass die beiden sektoralen Sozialpartner, bevor die Kommission ihre Entscheidung trifft, eine Stellungnahme zum Ergebnis abgeben können;
- zu erklären, dass sie das Folgenabschätzungsverfahren nicht als, politische, Rechtfertigung nutzen wird, um die Vereinbarung nicht an den Rat für einen Durchführungsbeschluss weiterzuleiten.
Die Vereinbarung für das Friseurgewerbe steht eigentlich in der Tradition der im EU-Vertrag verankerten Rolle der Sozialpartner, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz von über 1 Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der gesamten EU zu verbessern. Die Herangehensweise der Kommission an die Vereinbarung hat daraus jedoch eine Grundsatzfrage für die gesamte Gewerkschaftsbewegung gemacht. Dadurch wird nämlich die Autonomie der Sozialpartner infrage gestellt. Es könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden, wonach die Kommission berechtigt ist, einen solchen Antrag aus anderen als wesentlichen und objektiven Gründen abzulehnen und nicht in EU-Recht zu gießen. Das Verhalten der Kommission in Bezug auf die Vereinbarung ist für die europäische Gewerkschaftsbewegung ein Prüfstein für ihre Bereitschaft, ein soziales Europa und eine europäische Säule sozialer Rechte zu schaffen, die den Anliegen der ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften Rechnung tragen.
Nächste Schritte
Das UNI Europa-Präsidium nahm im Oktober 2013 eine „Erklärung zu dem noch nie dagewesenen Angriff der Europäischen Kommission auf den sozialen Dialog und das soziale Europa“ an; es ist der Ansicht, dass diese Angelegenheit höchste Priorität für alle Teile von UNI Europa hat.
Für UNI Europa insgesamt bleibt es eine Priorität, der Vereinbarung Rechtsverbindlichkeit zu verleihen. Wir werden in den nächsten Wochen und Monaten den Druck auf die europäischen Institutionen erhöhen, aber auch mit den Mitgliedsorganisationen zusammenarbeiten, um bei den nationalen Regierungen für Unterstützung zu werben, insbesondere bei den erklärten Gegnern der Vereinbarung (Großbritannien, Niederlande, Schweden, Finnland, Polen, Rumänien, Slowenien, Estland und Kroatien).